Im September hatte ich die Freude und Ehre, in Berchtesgaden vor einer Gruppe von Managern eines international agierenden Beratungs-Unternehmen zu sprechen. Es ging dabei um meine Erfahrungen als Sportler und als Unternehmer und um einen gemeinsamen Nennern: growth mindset.

Für mich persönlich gehört dieses Wachstumsdenken zu den wichtigsten Aspekten, um letztlich erfolgreich zu sein. Personen mit Growth Mindset haben keine Angst, Fehler zu machen, bewegen sich nicht nur in ihrer Komfortzone, sehen Umbrüche und Innovationen nicht als Gefahren, sondern als Chancen. Ihnen geht es um Weiterentwicklung auf die Gefahr hin, Rückschläge hinnehmen zu müssen. Es kann im Leben wie im Sport sein. Einmal gewinnt man, einmal lernt man.

Ende August in Chamonix kurz vor dem UTMB – Voller Fokus (c) Georg Krewenka

Und so ist es mir ja auch Ende August ergangen. Der diesjährige Ultra Trail du Mont Blanc hat einmal mehr eindrucksvoll bewiesen, wie komplex Ultra-Trailrunning ist. Die 171 km und 10.000 Höhenmeter rund um das vielleicht eindrucksvollste Bergmassiv der Alpen habe ich bereits vier Mal bewältigt, 2018 stand ich als Neunter auf dem Podium, als die besten Zehn geehrt wurden.

Und auch heuer hat sich alles so gut, so richtig angefühlt. Unterstützt von meiner Familie, meinen Freunden, meinem Sponsor BOA habe ich mich auf den Punkt vorbereiten können. Das Ziel lautete, unter 22 Stunden zu bleiben, dies hätte wohl (oder: sicher) erneut eine einstellige Spitzenplatzierung bedeutet. Der Erwartungsdruck an der Startlinie war größer als die Freude und Leichtigkeit des Tuns – kein großes Problem, ich hatte mich damit im Vorfeld auseinandergesetzt und darauf eingestellt. Ich kam gut durch die Nacht, lag zur Hälfte des Rennens auf Platz 18, dachte mir: drei, vier überhole ich noch, vier, fünf werden noch aufgeben – du bist wieder auf dem Weg in die Top Ten. Minimalen Lungenbeschwerden maß ich keine Bedeutung bei.

Dann hörte ich, dass Teamkollege und Freund Gerald „Sancho“ Fister aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatte, und eine negative Gedankenspirale setzte sich in Gang. Was, wenn meine Lunge mir anzeigen will, dass etwas nicht stimmt? Laufe ich laufend in eine Myokarditis? Ganz ehrlich, ich begann, Angst zu haben. Alle mentalen Tricks halfen nicht, mich zu besänftigen und den Flow zurückzubringen. Ich fühlte mich immer schlechter – und stürzte über eine Wurzel, verletzte mich dabei am Knie. Dann war es „over and out“. Mein erstes Did Not Finish beim UTMB war Realität.

Gezeichnet nach meinem ersten DNF beim UTMB

Ich habe mich nie vor Herausforderungen gedrückt. Als ich mir in den Kopf gesetzt hatte, von Wien nach Kopenhagen zu laufen, wusste ich auch nicht, ob diese Unternehmung von Erfolg gekrönt sein würde. Als ich mich entschieden hatte, mich von meinen ersten Geschäftspartnern zu trennen und Smarter Business Solutions alleine zu führen, war dies ein zwar notwendiger Sprung, aber ins immer noch kalte Wasser. Und für den diesjährigen UTMB hatte ich das Jahresmotto ausgegeben, dass Platz neun des Vorjahres nicht alles gewesen sein kann.

Ganz egal was auch passiert – deine Kinder und ich lieben dich. Diesen Satz hatte mir meine Frau Julia mit auf den Weg zum UTMB 2019 gegeben, besonders an diesem baute und baue ich mich auf. Auch wenn es schwer ist zu verlieren, wenn der Zuspruch in den sozialen Medien wenn überhaupt nur bedingt trösten kann, wenn das „comebackstronger“ sich nur wie eine Floskel anhört, die schnell dahingeschrieben ist, so gibt es doch ein paar, meinetwegen banale, Gewissheiten, die mich nach vorne schauen lassen: Das Leben geht weiter, ich lerne aus jedem Erlebnis, ich nehme die Ereignisse, positive wie negative, mit offenen Armen auf.

Und sollte es einen Start beim UTMB 2020 geben, dann weiß ich, dass mein growth mindset mich als anderen, weil erfahreneren, gereifteren, Trailläufer an die Startlinie bringen würde. Wie auch immer, in meiner #lifeworktrailbalance ist fortwährendes Lernen ohnehin vorgesehen. Und das ist gut so!